Von A nach B: Verbindungsfunktion

Straßen mit Verbindungsfunktion verbinden Zentren – bedeutende und weniger bedeutende – und bilden dabei ein Netz. Das ist soweit nicht überraschend. Interessant wird es, wenn man genauer hinsieht und feststellt, dass das Infrastrukturnetz der Straßen eigentlich aus mehreren hierarchischen Netzen besteht, als wären diese auf transparenten Folien übereinander geschichtet. Das ist auch für den (leisen) Bergmannkiez wichtig. Aber der Reihe nach:
Dadurch, dass es großräumige, regionale, nahräumige (usw.) Verbindungsstraßen gibt – insgesamt sind sechs Gruppen definiert – ergeben sich sog. Verbindungsfunktionsstufen (dieser offizielle Begriff ging wohl nicht kürzer) und unterschiedliche Zuständigkeiten der öffentlichen Verwaltung. Die entsprechenden Bezeichnungen als Bundesstraße, Landesstraße, Kreisstraße und Gemeindestraße sind den meisten Deutschen geläufig. Andere Länder haben eine ähnliche Systematik. Die beauftragten Behörden werden als Straßenbaulastträger bezeichnet. Die Bundesrepublik delegiert ihre Straßenbaulast als Auftragsverwaltung an die Länder und Kommunen.
Aus den Verkehrsbelastungen, den geplanten Geschwindigkeiten und den topographischen Gegebenheiten ergeben sich Straßen mit so unterscheidlicher bautechnischer Charakteristik und Verkehrsregelung, wie wir sie kennen. Ein Großteil des Verbindungsstraßennetzes ist anbaufrei. Das bedeutet, es dürfen grundsätzlich keine Grundstückszufahrten daran angeschlossen werden. Bei Autobahnen ist das offenkundig.


Straßen mit Verbindungsfunktion in Brandenburg
Im Bundesland Berlin gilt gegenüber den Flächenländern eine leicht vereinfachte, funktionale Hierarchie. Hinsichtlich der Straßenbaulast ist es so, dass abgesehen von ein paar wichtigen Ausnahmen wie der Stadtautobahn, die Bezirke auch für ihren Teil des übergeordneten Straßennetzes zuständig sind. Deswegen hat z. B. Friedrichshain-Kreuzberg die Friesenstraße für Berlin umbauen lassen. Alle nachrangigen Straßen sind ohnehin Sache der Bezirke. Im Einzelfall bzw. im Detail, wenn es beispielsweise um die Bestandteile von Brücken geht, ist diese Zuständigkeit aber eher ein Promotionsthema für Verwaltungsjuristen.
„Unsere“ Straßen
Sehen wir uns das Straßennetz im und um den Bergmannkiez an:
(die Verbindungsfunktionsstufen, üblicherweise mit römischen Ziffern bezeichnet, sind nachfolgend in Klammern angegeben)

Die nächste Bundesautobahn, die A 100 ( I ), ist mit der Anschlusstelle Tempelhof ein Stück entfernt, aber im Vergleich zum ländlichen Deutschland leicht erreichbar. Eine Bundesstraße, die B 96 ( II ), läuft unter den Namen Tempelhofer Damm und Mehringdamm direkt am Bergmannkiez entlang.
Verbindungsstraßen sind außerdem die kreuzenden Achsen Yorckstraße – Gneisenaustraße – Hasenheide ( II ) im Norden und Dudenstraße – Columbiadamm ( II ) im Süden, sowie die umstrittene Verbindung Zossener Straße – Friesenstraße mit den paar Metern Bergmannstraße dazwischen (durchgängig IV ).

Übergeordnetes Straßennetz Bestand

(links/westlich)

(oben/nördlich)

(unten/südlich)

Erwähnensenswert sind als übergeordnetes Netz in der Umgebung noch die Urbanstraße ( II ), Blücherstraße ( II bis zur Urbanstr. ), Baerwaldstraße ( III bis zur Gneisenaustraße), Kreuzbergstraße ( IV ), Großbeerenstraße ( IV ) und Manfred-von-Richthofen-Straße ( IV ).
Die restlichen Straßen im Bergmannkiez, z.B. die beiden verbleibenden Teile der Bergmannstraße, die Lilienthal- und die Züllichauer Straße, gehören dem Bezirk. Hier hat er über die Baulast hinausgehend auch Entscheidungsbefugnis. In anderen Bundesländern würde man sagen, das sind Gemeindestraßen.
Wer sich schon länger gefragt hat, warum das Bezirksamt nicht einfach die Zossener Straße sperrt, wie es nicht nur die Initiative Leiser Bergmannkiez, sondern auch viele Bürger und die BVV fordern, ist an dieser Stelle des Blogs der Lösung auf der Spur.
Etwas verwirrend könnte sein, darauf sei nur sicherheitshalber noch hingewiesen, dass das Berliner Straßengesetz ebenfalls römische Ziffern verwendet, um planungsrechtlich drei Straßenkategorien zu unterscheiden, was aber innerhalb des Bergmannkiezes keine Rolle spielt. Die zuständige Senatsverwaltung hat eine ausführliche Erläuterung zur Klassifizierung des übergeordneten Straßennetzes von Berlin veröffentlicht (Link zum Pdf).
Quellen:
- Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN) Ausgabe 2008, der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen
- Berliner Straßengesetz (BerlStrG) vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 380) zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 2008 (GVBl. S. 466)
Ein Kommentar zu „Wie Straßen funktionieren (Teil 2)“