vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) in Zusammenarbeit mit dem Sozialforschungsinstitut infas aus dem Juni 2021.
Zu den Ergebnissen muss man nicht viel sagen . Es genügt zu zitieren:
“Bürger*innen in Friedrichshain- Kreuzberg sprechen sich für deutlich weniger Autos im Bezirk aus. ”
“Mehr als zwei Drittel der Bewohner*innen wünschen sich, dass in den Kiezen überhaupt keine Parkflächen mehr für private Autos ausgewiesen werden. Mehr als 50 Prozent der Befragten sind sogar dafür, in den Kiezen den privaten Autoverkehr ganz einzustellen.”
“Eine Mehrheit wünscht die Umgestaltung des öffentlichen Raumes, Einschränkungen für private Autos, mehr Platz für den Fahrradverkehr und Fußgänger*innen sowie mehr Grünflächen.”
“Über 80 Prozent der Befragten unterstützten das agile Vorgehen des Bezirksamtes, bei dem Umgestaltungen der Infrastruktur kurzfristig erfolgen und stufenweise ausgebaut und verstetigt werden.”
Letzte Woche gab es einige relevante “Netzknoten”, welche unter dem Suchbegriff Bermannkiez nicht sofort gefunden werden dürften. Neue Aspekte ergeben sich, wenn man sie im Zusammenhang betrachtet.
1. Berlin und sein Mobilitätsgesetz
Eine Bilanz nennt es Changing Cities, “eine verheerende Bilanz”. Dieser Begriff “verheerend” dürfte seine Ursprünge darin haben, was geschieht, wenn ein Kriegsheer durchs Land zieht. Dabei ist erstmal gar nicht so viel passiert: Es geht um die Bilanz von drei Jahren Mobilitätsgesetz. Die Pressemitteilung verkündet im Urteil:
Es geht um eine Art der Umsetzung, welche im Volksmund auch schon als “Beamtenmikado” bezeichnet wurde: Wer sich als Erster bewegt, hat verloren. Und dann kommt eine Aussage, die man am Besten nur wörtlich zitiert:
“19 Radfahrende und 19 Fußgänger*innen wurden 2020 getötet – kein einziger dieser Menschen hätte sterben müssen, wenn die von Verkehrssenatorin Günther geführte Verwaltung ihrer Verantwortung nachgekommen wäre.”
Um es deutlich zu sagen: Diesen Vorwurf mögen bitte diejenigen verantworten, die ihn formuliert haben. Immerhin kommt, im Zusammenhang mit diesem grauenhaften Kollateralschaden des Verkehrs, der Begriff verheerend, anders als beabsichtigt, schon wieder seiner ursprünglichen Bedeutung nahe.
Muss man ansonsten dieses Urteil noch kommentieren? Die Medien haben es getan:
In einem Nebensatz wird von Changing Cities der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg explizit genannt, um das Urteil, welches ansonsten alle Bezirke mit einbezieht, hier etwas abzumildern. Es wird auf die Pop-Up-Radwege verwiesen, mit denen durch beherztes Handeln aus den Anforderungen der Pandemiesituation Fakten geschaffen wurden. Diese haben auch bereits richtige Gerichte beschäftigt, was aber schon wieder eine Weile her ist.
Damit spannt sich der Bogen auch gleich weiter, zu einem anderen, richtigen Gerichtsurteil, welches in der letzten Woche in den Medien aufpoppte:
Die neue Fußgängerzone in der Krautstraße ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtswidrig. Das bei diesem Thema so engagierte Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg muss die Anordnung rückgängig machen.
Etwas differnzierter erläutert der Tagesspiegel die Hintergründe. Zumindest umstritten ist die Maßnahme unter den Anwohnern. Der Mieterbeirat hat sich klar und begründet dagegen postioniert.
Die Fälle Krautstraße und Zossener Straße sind nicht vergleichbar.
Bevor die Zossener Straße vor der Markthalle Fußgängerzone werden kann, muss sie von der Verkehrsverwaltung des Senats in der Netzhierarchie herabgetuft werden, sodass sie in die Zuständigkeit des Bezirks fällt. Wenn man Angst hat, dass bereits dagegen jemand prozessiert, was bestimmten Leuten zuzutrauen wäre, so gilt es, dies stichhaltig zu begründen. Bei der Krautstraße bemängelte das Gericht die fehlende “städteplanerische Entscheidung”. Eine fachlich solide Begründung, Abwägung und Entscheidung zur Sperrung der Zossener Straße ist erforderlich, sie ist machbar und sie hätte seit vielen Jahren erarbeitet werden können. Nachweislich – man muss nur auf der de-Webseite der Initiative Leiser Bergmannkiez nachsehen, wie lange die Forderung und ihre Gründe dem Senat bekannt sind. Dass es Anwohner gäbe, die sich gegen eine Sperrung der Zossener wenden, ist hingegen nicht bekannt.
Ja, es handelt sich um Untätigkeit. Soweit wiederum die Bilanz.
Es gibt viel zu tun, um zumindest in der Bergmannstraße die Termine halbwegs zu halten. Fahrbahnmarkierungen sind in so einer Straße immer noch größtenteils Handarbeit, weshalb die Markierungsfirma auch am Samstag mit mächtig Personaleinsatz in der prallen Sonne aktiv ist. Um sie herum wuselt der Verkehr, der aber nur noch aus wenigen Autos besteht.
Der neue Zweirichtungsradweg wurde längst in Betrieb genommen, kaum, dass der Fugenverguß an den Rändern des neuen, glatten Asphaltbandes ausgehärtet war. Die Baustellenabsperrungen werden mit einer Selbstverständlichkeit ignoriert, die keinen Zweifel daran lässt, dass man sich mitten in Kreuzberg befindet. Aber die Profis arbeiten routiniert und wer sich nicht gerade auf die komplizierte Geometrie der Markierungen konzentrieren muss, ist zwischendurch entspannt genug, sich auf Erläuterungen und Diskussionen einzulassen, wenn Leute stehenbleiben, die das Gespräch suchen. Manchen, die vorbei laufen, genügt es auch, halblaut vor sich hin zu motzen, für welche “Scheiße” hier wieder “unsere Steuergelder” ausgegeben werden, ohne einen zu fragen. Und, wie die Welt überhaupt noch funktionieren soll, wenn man nicht mehr überall Auto fahren darf… Auch in einer Demokratie gibt es leider Verlierer. Die Roten Linien stehen uns mit dem Klimawandel erst noch bevor.
Was wie Tramschienen aussieht, ist die vorbereitende Risszeichnung für die hier noch fehlende Fahrbahnmarkierung.
Bald kommen auch die Fußgängerüberwege.
Der Schleichweg Nostitzstraße macht immer weniger Spaß.
Die Fahrstreifenaufteilung vor der Markthalle wird Geschichte sein, noch bevor die meisten diesen Blogbeitrag gelesen haben.
An dieser Stelle könnte man auf die Zossener Straße zu sprechen kommen …
Nicht, dass dieses Schreiben zu ausufernd wäre, aber wir wollen doch ein paar Aussagen herausgreifen und kommentieren:
Ab Montag, den 21. Juni, beginnen die Bauarbeiten für den Radweg auf der südlichen Seite der Bergmannstraße.
Südseite ist richtig, dann bleibt den Flâneusen und Flâneuren die Nordseite, also die Sonnenseite.
Es wird eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h für alle Verkehrsteilnehmenden angeordnet.
Womit diejenigen, die auf der TR 4 (Fahrrad-Tangential-Route) z. B. regelmäßig im Berufsverkehr irgendwo zwischen Schöneberg und Lichtenberg unterwegs sind, sich entscheiden müssen, ob sie sich a) dafür die Zeit nehmen, oder b) die Höchstgeschwindigkeit überschreiten, oder c) die Fahrbahn der Gneisenaustraße bevorzugen.
In der nächsten Phase werden die Zossener Straße sowie die Friesenstraße aus dem übergeordneten Straßennetz gelöst. Für die Maßnahme ist die Erstellung eines Verkehrsgutachtens notwendig, dessen Erstellung beauftragt ist.
Wir haben schon geahnt, dass wir damit noch nicht weiter sind. Die Bewohner der Friesenstraße werden es zu spüren kriegen, dass jetzt noch mehr motorisierter Verkehr hier durchgeleitet wird.
Bleibt zu sagen, auch wenn die Bürger keine Gelegenheit auslassen, zu meckern: Danke für das Schreiben.
Gute Informationspolitik ist nicht selbstverständlich.
„Herbst 2020: Die Bergmannstraße wird von Nostitz- bis Zossener Straße als kombinierter Verkehrsraum für den Fuß- und Radverkehr ausgewiesen. Hierbei erfolgt eine Querschnittsaufteilung der Straße bestehend aus einem Zwei-Richtungs-Radweg und einer Fußgänger*innenzone …“.
Dieses Zitat ist dem Plakat Nr. 13: Maßnahmen zur verkehrlichen Regelung – Ein neues Verkehrskonzept für den Kiez – aus der Ausstellung „Zukunft Bergmannkiez – Öffentlicher Raum, Mobilität, Lebensqualität“ des Bezirksamtes Friedrichshain Kreuzberg vom September 2020 entnommen.
Von den beschriebenen Maßnahmen hat niemand etwas bemerkt. Aber wir wollen mal nicht so sein. So hat auch niemand irgendwo ein großes Thema daraus gemacht, dass es anders kam.
„UMSETZUNG DER VERKEHRLICHEN MASSNAHMEN 1. und 2. Quartal 2021 • Die Bergmannstraße wird von Nostitz- bis Zossener Straße als kombinierter Verkehrsraum für den Fuß- und Radverkehr ausgewiesen. Die Straße wird zur Fußgänger*innenzone und erhält einen Zweirichtungsradweg … • Im gesamten Kiez werden Einbahnstraßen und auf der Höhe des Chamissoplatzes Durchfahrtssperren bzw. Fußgänger*innenzonen ausgewiesen (s. Verkehrsplan). Die Straßenzüge werden mit geschwindigkeitsreduzierenden Elementen und die Einfahrtsbereiche mit Fahrbahnverengungen umgestaltet.“
Dieses Zitat von MONIKA HERRMANN, Bezirksbürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg, ist dem bekannten Flyer, welcher an die Haushalte im Kiez verteilt wurde, also dem Informationsschreiben Zukunft Bergmannkiez des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom Februar 2021 entnommen.
Man hat wieder einmal den Eindruck, es ist eher der Ausnahmefall als der Normalfall, dass die Berliner Verwaltung ihre eigenen Terminziele schafft. Aber wir kennen das doch alle, wenn Pläne langsamer umgesetzt werden, als gedacht. Warum sollte es hier anders sein, als bei unseren guten Vorsätzen, die wir privat haben?
Gönnen wir uns noch ein drittes Zitat. Diesmal wieder von dem besagten Ausstellungsplakat:
„2. Halbjahr 2021: Nach Vorlage eines entsprechenden Verkehrsgutachtens wird die Zossener Straße auf Höhe des Marheinekeplatzes bis zur Einmündung Friesenstraße für die Durchfahrt gesperrt.“
Das zweite Halbjahr beginnt in Kürze. Hier allerdings hätte die Angelegenheit eine andere Dimension, wenn sich das Projekt verzögern sollte. Das hat seinen Grund. Mehr dazu bald, im nächsten Beitrag.
Die Bergmannstraße ca. 2006. Vor 15 Jahren wurde die Idee entwickelt, die Zossener Straße für den MIV zu sperren. Den Anstoß dazu gab das Bauvorhaben des Ärztehauses.
Die öffentliche Diskussion zum Straßenverkehr wächst. Exponentiell könnte man fast sagen, nachdem wir alle gelernt haben, wie es sich mit exponentiellem Wachstum verhält. Für den Fall, dass nicht schon bald wieder die Luft raus ist, habe ich mir vorgenommen, interessante Diskussionsbeiträge zu sammeln und dafür die Kategorie “Netzknoten” angelegt. Mit dem Begriff Netzknoten bezeichnet man im Verkehrswesen Anlagen, wie Straßenkreuzungen, die Wege miteinander verknüpfen. Ich verwende ihn im übertragenen Sinne, für gedankliche Verzweigungen entlang dieses Blogs. Im Idealfall entsteht daraus ein interessantes Netz.
Bisher war ich zurückhaltend mit Verlinkungen, weil ich schon die Erfahrung gemacht habe, dass manche Medien bereits veröffentlichte Artikel später noch verändern, womit im dümmsten Fall auch der Sinnzusammenhang eines Links verloren gehen kann. Aber das kann man riskieren. Ich werde trotzdem nicht jeden Tag die einmal gesetzten Links kontrollieren. Manches ist dann eben Schnee von gestern.
Der Erste Netzknoten
Neben einem Beitrag in der Abendschau, macht der Bergmannkiez beim RBB heute auch Schlagzeilen:
„Kann das Vorbild für Berlins Mobilität der Zukunft sein?“ fragt der RBB, berichtet kurz von den aktuellen Plänen des Bezirks und kriegt dann auch gleich die Kurve zu den Superblocks in Barcelona. Dieses „Vorbild“ scheint immer noch nicht genügend ausgelutscht zu sein.
Spannender als das begleitende, mangels Ortskenntnis mit Allgemeinplätzen angereicherte Interview mit dem jungen Dortmunder Wissenschaftler Martin Randelhoff, der unter anderem auch Barcelona kennt, ist da schon die schlichte Bestätigung vom Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes Felix Weisbrich:
„Diese Verbindung nehmen wir aus dem Hauptroutennetz raus.“
Gemeint ist die Route Zossener-Bergmann-Friesenstraße.
Langsam und sachte kommen die geplanten Maßnahmen in Bewegung. Man erkennt die neuen Verkehrszeichen im Kiez daran, dass sie noch nicht beklebt und beschmutzt sind.
Zeichen verwendet man, um nicht viele Worte machen zu müssen. Ein paar Kommentare gibt es trotzdem.
Wo sonst?
Wer über die Monumentenbrücke und durch die Kreuzbergstraße kommt, muss sich jetzt entscheiden.
Und besonders in Gegenrichtung drängt sich die Frage auf, ob die Fahrstreifenaufteilung – ja, eigentlich auch die Signalzeiten der Verkehrsampel – so noch sinnvoll sind.
Der Durchgangsverkehr wird jetzt komplett durch die Friesenstraße geleitet.
Das darf nur von kurzer Dauer sein!
Kein Schleichweg über die Riemannstraße.
An welcher Ecke könnte dieses Foto entstanden sein ;-P ?
Bleibt am Ende die Frage: Halten sich die Verkehrsteilnehmer an die neuen Regelungen (und wer kontrolliert das?) ?
Es hat nichts zu bedeuten, wenn in diesem Blog manchmal eine Weile keine Beiträge erscheinen. Niemand muss sich Sorgen machen, dass sich der Blogger einen Virus in der Lunge oder eine Mutante auf dem Computer zugezogen hat. Gründe oder zumindest Ursachen hat das gleichwohl. Während die Physik davon ausgeht, dass die Zeit in ruhenden Systemen stetig verläuft, beobacheten wir mit unserer Alltagsphilosophie, wie das Leben in Wellen heranbrandet, manchmal aufschäumt und dann mit leicht gekräuselter Oberfläche wieder zurückflutet.
Ja, wir kommen bald wieder zur Sache. Zunächst aber erscheint eine Art Zwischenbilanz sinnvoll, für die nach einer Phase der Ruhe neuen und neu geordneten Gedanken. Im Gegensatz zur Überschrift vielleicht besser top-down: Der Rest der Welt – der Kiez – der Blog.
Klimawandel, Bewusstseinswandel, Verkehrswende
Ob es solche Wörter auch in anderen Sprachen gibt, habe ich nicht recherchiert. Egal, lesen wir die Schlagzeilen hierzulande:
„Paris will Verkehr in der Innenstadt massiv reduzieren“, so schreibt der SPIEGEL am 14. Mai.
„Die Innenstadt von Paris soll bis 2022 autofrei werden – ein Vorbild für Berlin?“, so fragt der TAGESSPIEGEL tags darauf.
Ausgerechnet Paris. Städte wie Kopenhagen und Amsterdam, die man aus Berliner Sicht zwar als vergleichsweise stressfrei betrachtet, aber ansonsten einer anderen Liga zuordnet, werden ja schon seit langem als Vorbilder für eine alternative kommunale Verkehrspolitik zitiert. Doch auch über London liest man vermehrt im Kontext von Citymaut und Radverkehr.
Und Barcelona, nicht unbedingt eine Metropole, aber hipstermäßig voll konkurrenzfähig, hat die Superblocks „erfunden“! Wäre das nicht die ultimative Lösung für Berlin? Wer sich schon im vorigen Jahrhundert mit Stadt- und Verkehrsplanung beschäftigt hat, schmunzelt angesichts solcher Erleuchtungen. Manchmal dauert es; auch bei simplen Ideen.
Wien, Luxemburg, Bogotà, Singapur – die Liste internationaler Beispiele wäre lang und wenn erwartungsgemäß vorallem die großen und die wohlhabenden Städte Schlagzeilen machen, so bedeutet das nicht, dass der dahinter stehende gesellschaftliche Trend nicht mit der Zeit flächendeckend werden würde. Realistischer Weise sollte man aber sehen, dass die Randbedingungen des Verkehrs in ländlichen Regionen völlig andere sind, als die in den Ballungsräumen.
Deutschland, das mit beispielgebenden umweltpolitischen Strategien die Welt vielleicht mehr bewegt hat, als vielen von uns bewusst sein dürfte, redet immerhin von der Verkehrswende. Jedenfalls in Berlin. Ob das in Düsseldorf, Görlitz oder Titisee auch so ist, fragt sich in der Hauptstadt bestenfalls der betreffende Wahlkreisabgeordnete.
Bei manchen Leuten habe ich dabei den Verdacht, dass sie von der Verkehrswende reden und vom Tesla für Alle träumen. Den Unterschied lernen wir noch.
Eine Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu
Die Bundesrepublik Deutschland und das Bundesland Berlin wählen am 26. September gleichzeitig ihre Parlamente, den Bundestag und das Abgeordnetenhaus. Auch die Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin werden gewählt.
Das ist immer auch ein Anlass, zu bilanzieren, was Menschen in politischen Ämtern (sich) geleistet haben. Wie wäre ein Vergleich anhand der jeweiligen Verkehrsressorts, zwischen dem Bundesminister und der Berliner Senatorin? Die Liste mit Rücktrittsgründen für Andreas Scheuer (CSU) wäre länger, als die Shortlist dessen, was Senatorin Regine Günther (Bündnis 90 / Die Grünen) verkehrspolitisch zustande gebracht hat. Das ist leider kein Witz!
Oder kann mir jemand erklären, warum nach einer vollen Legislaturperiode, insbesondere mit der verkehrspolitischen Agenda einer sogenannten Umweltpartei, die Zossener Straße an der Markthalle immer noch nicht für den MIV gesperrt ist?
Die Antwort der Verwaltung auf Landesebene kenne ich. Sinngemäß: Da fahren doch Autos, da kann man nicht sperren.
Wer sich jetzt fragt, ob und warum ich mich vielleicht aufrege, scheint den ersten Teil dieses Beitrags, welcher quasi die Hintergrundkulisse bildet, nicht gelesen zu haben.
Wir sollten es nicht Berufspolitikern überlassen, sich auszusuchen, was Wahlkampfthema wird!
Friedrichshain-Kreuzberg
Vergangene Woche war wieder einmal UVKI, Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Verkehr und Immobilien. Auf der Tagesordnung standen – neben zweimal Klimaschutz – sechs Verkehrsthemen
davon sechsmal Verkehrsberuhigung in verscheidenen Quartieren (Ostkreuz, Viktoriakiez, Reichenberger Kiez, Luisenstadt, Friedrichshainer Nordkiez, Samariterkiez), der Bergmannkiez machte diesmal Pause,
davon viermal mit besonderem Bezug auf „Alle“ bzw. Menschen, bzw. Anwohner*innen,
davon zweimal veranlasst durch einen EwA (Einwohner*innenantrag).
Ohne allzusehr zu simplifizieren, kann man zu den Abstimmungsergebnissen sagen: Grüne, SPD und Linke waren für alles. CDU und AfD waren gegen alles. „Klare Mehrheit“ sagte die Vorsitzende nach jeder Abstimmung.
Die Bezirksverwaltung versucht auf dieser Welle zu surfen. Oder formulieren wir es seriöser: Sie nimmt ihre Aufgaben lobenswert ernst. Dabei stößt sie immer dann an harte Grenzen, wenn Straßen des übergeordneten Netzes betroffen sind. Vermutlich verstehen die meisten Leute nicht, wo dabei das Problem ist.
Bergmannkiez
Science Fiktion:
Nächstes Jahr (2022) wird die Initiative Leiser Bergmannkiez zehn Jahre alt. Gefeiert wird in der Bergmannstraße zwischen Zossener und Friesenstraße. Die dauerhafte Sperrung der Zossner Straße ist durch das Land Berlin rechtsverbindlich geregelt. Zur weiteren Gestaltung des öffentlichen Raums im Bergmannkiez finden wieder regelmäßig Gespräche im Wasserturm statt. Es gibt viel zu tun.
Wenn ich heute gedanklich ein paar Schritte auf Abstand gehe und die Initiative von außen betrachte, so glaube ich, dass es ihr gut täte, wenn hin und wieder neue Leute auftauchen würden, die Spaß daran haben, auf die Gestaltung ihres Kiezes Einfluss zu nehmen. Man möchte angesichts der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung denken, dass sich bei uns engagierte Menschen drängeln, die es nicht erwarten können, am absehbaren Erfolg mitzuwirken. Dass dies nicht so ist, dürfte ein ganz normales Phänomen sein, weil im Laufe der Jahre einerseits Leute sich neue Prioritäten setzen, aber andererseits sich seltener jemand gezielt einer bereits bestehenden Initiative anschließt. Hinzu kommt, was sich hoffentlich bald ändern sollte, dass derzeit die Pandemie die menschliche Interaktion hemmt.
Ohne „intern“ darüber gesprochen zu haben, will ich hier durch meine eher spontan niedergeschriebene Analyse nicht ad hoc einen Aufruf starten. Aber ich darf sagen: Wir freuen uns eigentlich immer, wenn wir von interessierten Menschen kontaktiert werden.
Der Blog
Manchmal hat der einsame Blogger so wenig Lust etwas zu schreiben, wie die Leute, welche ihm eigentlich ihre Mitwirkung zugesagt haben. Das kann sogar daran liegen, dass es so viele interessante Entwicklungsstränge gibt, zu denen etwas gesagt werden sollte, dass man damit überfordert ist, alles zu strukturieren, geschweige denn, die einzelnen Themen zu recherchieren und in angemessener Tiefe zu betrachten: Der Rest der Welt – der Kiez – der Blog? Oder lieber doch bottom-up? Die Einsicht sollte vielleicht auch sein: Keine zu hohen Ansprüche an sein Engagement in der Freizeit!
Dann passiert eben eine Weile nichts.
Es lohnt sich trotzdem, bald wieder hier rein zu schauen. Jedenfalls glaube ich, das zu spüren.
In der Testphase der Begegnungszone Bergmannstraße sorgten sie für die meisten Emotionen. Die teilweise möblierten und bepflanzten Inseln aus orangefarbenem Blech, welche anstelle der motorisierten und wenig genutzten privaten Blechteile am Fahrbahnrand aufgestellt wurden, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Jetzt sind zwei der Parklets wieder in der Bergmannstraße, diesmal im östlichen Abschnitt, vor der Ferdinand-Freiligrath-Schule.
Die Idee dahinter ist, den engen Schulhof zu entlasten, da wegen des Neubaus der Lina-Morgenstern-Gemeinschaftsschule an der Nostitzstraße hier vorübergehend zusätzliche Klassen untergebracht sind. Bürgermeisterin Monika Herrmann freut sich über „ein wunderbares Beispiel dafür, wie die Straßenmöbel temporär eingesetzt und öffentliche Räume gerechter verteilt werden können“, so die Pressemitteilung des Bezirks. Vielleicht bauen auf den Parklets ja auch wieder „Unbekannte“ Cannabis an, wie im Sommer 2019.
Die Bergmannstraße ist zwischen Südstern und Marheinekeplatz schon seit mehr als zehn Jahren Fahrradstraße. Für die (wetterabhängig) geschätzen fünf- bis zehntausend täglichen RadfahrerInnen dürfte die Ausweitung der Pausenfläche der Schülerinnen und Schüler kein Problem sein. Man stelle sich einmal vor, dieser Verkehr würde mit dem Auto stattfinden. Würde man dann die Kinder in der Pause auf die Straße lassen?
Jetzt erschien doch noch eine Pressemitteilung des Bezirksamtes, welche als Erklärung für die Absperrung in der Bergmannstraße, in knappen Worten konkretisiert, was sich bereits abzeichnete: Das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum ITDZ lässt ein paar Datenkäbelchen neu verlegen. Dass die IT-Infrastruktur der öffentlichen Verwaltung ausbaufähig ist, ist uns schon länger klar und, dass man, wie angekündigt, für solch ein Tiefbauprojekt einen ganzen Monat sperren muss, glauben wir sehr gern.
Trifft sich gut!
Quer zur Zossener Straße verläuft bestimmt auch eine erneuerungsbedürftige Kabeltrasse.