Die Parklets sind wieder da!

In der Testphase der Begegnungszone Bergmannstraße sorgten sie für die meisten Emotionen. Die teilweise möblierten und bepflanzten Inseln aus orangefarbenem Blech, welche anstelle der motorisierten und wenig genutzten privaten Blechteile am Fahrbahnrand aufgestellt wurden, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Jetzt sind zwei der Parklets wieder in der Bergmannstraße, diesmal im östlichen Abschnitt, vor der Ferdinand-Freiligrath-Schule.

Die Idee dahinter ist, den engen Schulhof zu entlasten, da wegen des Neubaus der Lina-Morgenstern-Gemeinschaftsschule an der Nostitzstraße hier vorübergehend zusätzliche Klassen untergebracht sind. Bürgermeisterin Monika Herrmann freut sich über „ein wunderbares Beispiel dafür, wie die Straßenmöbel temporär eingesetzt und öffentliche Räume gerechter verteilt werden können“, so die Pressemitteilung des Bezirks. Vielleicht bauen auf den Parklets ja auch wieder „Unbekannte“ Cannabis an, wie im Sommer 2019.

Die Bergmannstraße ist zwischen Südstern und Marheinekeplatz schon seit mehr als zehn Jahren Fahrradstraße. Für die (wetterabhängig) geschätzen fünf- bis zehntausend täglichen RadfahrerInnen dürfte die Ausweitung der Pausenfläche der Schülerinnen und Schüler kein Problem sein. Man stelle sich einmal vor, dieser Verkehr würde mit dem Auto stattfinden. Würde man dann die Kinder in der Pause auf die Straße lassen?

Ist die Straße für Menschen, oder was?

Versuchsballon?

Jetzt erschien doch noch eine Pressemitteilung des Bezirksamtes, welche als Erklärung für die Absperrung in der Bergmannstraße, in knappen Worten konkretisiert, was sich bereits abzeichnete: Das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum ITDZ lässt ein paar Datenkäbelchen neu verlegen. Dass die IT-Infrastruktur der öffentlichen Verwaltung ausbaufähig ist, ist uns schon länger klar und, dass man, wie angekündigt, für solch ein Tiefbauprojekt einen ganzen Monat sperren muss, glauben wir sehr gern.

Trifft sich gut!

Quer zur Zossener Straße verläuft bestimmt auch eine erneuerungsbedürftige Kabeltrasse.

Blaulicht

Freitagabend. In der frühen Dunkelheit flitzt ein blinkendes Blaulicht durch die Zossener Straße. Der Notarztwagen stoppt vor der neuen Absperrung in der Bergmannstraße, wendet ruckzuck und nimmt die Riemann. Die Lücke für den Radverkehr ist fast drei Meter breit, er hätte hindurch gepasst, aber die sofortige, sichere Entscheidung hatte Priorität. Drei Kurven und keine Minute später ist er am Ärztehaus in der Bergmannstraße. Viel Zeit, wenn es vielleicht um ein Menschenleben geht.

Macht dieser Blog jetzt Stimmung gegen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen?

Bestimmt nicht. Die Erkenntnis ist: Verkehrsinfrastruktur zu planen und Verkehr zu regeln ist kein Kinderspiel. So vieles will sorgfältig bedacht und abgewogen sein. Trotzdem ist es richtig, dass alle, die wollen, mitreden dürfen. Am Ende unterschreiben Leute, die viel Verantwortung tragen.

Die dritte Dekade

Während wir uns noch zum Neuen Jahr beglückwünschen, ist am gestrigen 8. Januar in der Onlineausgabe der Süddeutschen Zeitung ein Artikel erscheinen, der gleich um den Faktor 10 höher schaltet:

„Zehn Jahre, die entscheiden

Mit diesem Jahr beginnt auch die dritte Dekade des Jahrhunderts – jener Abschnitt, in dem die Weichen für eine bessere Welt gestellt werden müssen. Kann das gelingen?“

Gehört das hier her? So habe ich mich gefragt, als ich den Impuls verspürte, darauf Bezug zu nehmen. Die dörfliche Perspektive dieses Blogs ist bewusst gewählt; der Kiez ist das Thema. Und die Medien sind doch schon voll von diesem Allerweltsthema Klimaschutz, so wichtig es auch ist. Einerseits.

Andererseits passt es, jetzt, nach einer ersten Positionsbestimmung den Betrachtungswinkel vorübergehend noch weiter aufzuzoomen. Global denken … Noch jenseits der Themen mit teilweise existenzieller Dimension, welche die Menschen gerade bewegen, der Corona-Pandemie und der Krise der amerikanischen Demokratie, ist das Klima ohne Frage das mit Abstand bedeutendste. Es wird mit der begonnenen dritten Dekade immer und immer mehr zum Hintergrundbild des alltäglichen Geschehens werden.

Ausschlaggebend, diesen Artikel zu zitieren, war für mich am Ende, dass er mir auch in seiner journalistischen Machart einfach gefallen hat. Die nüchterne, aber hoffnungsvolle Zwischenbilanz, Fakten und Einschätzungen sprechen für sich. Es kommen Experten, zu denen man auch Autor Michael Bauchmüller selbst zählen darf, und die Bundesumweltministerin zu Wort. Welche Wucht die Entwicklung hat, die uns alle bald mit sich reißen wird, auch wenn wir in unserem gemeinsamen Boot kräftig rudern, sollte uns bewusst sein. Da bedarf es keiner grellen Effekthascherei, keiner Katastrophenszenarien und keiner emotionalen Appelle.

Kann gelingen, was gelingen muss? Wenn nicht, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, mit Blick auf das Ende der Dekade „dann ist es eine andere Welt“, die auf drei Grad Erderwärmung zusteuere. „Dann reden wir über Großunfälle im Erdsystem.“